Es war im wordpress-Seminar vor anderthalb Jahren. Ich hatte meinen ersten Blog von MAMABERLIN gebaut und zum Test die heilige Maria hochgeladen, „die war ja auch alleinerziehend“, fügte ich ein wenig süffisant hinzu.

Sofort platzte neben mir einem Mann die Hutschnur: Das könnte man doch nicht sagen, echauffierte er sich. Erst dachte ich, ich hätte vielleicht einen Erzkatholiken in seiner Religion gekränkt, aber nein, es ging ihm um etwas ganz anderes …

„Naja“, meinte ich wieder mit eindeutigem Unterton, „der Kindsvater war ja nicht da …“. Und setzte nach: „Vielleicht können wir uns auf Patchwork einigen?!“ Mein Nachbar hatte keinen Sinn für Humor und fand, wie das manchen Männern so zu eigen ist, er müsse mich, weibliches Geschöpf, erstmal grundlegend aufklären: „Also: Gott ist der leibliche Vater und Josef der Ziehvater und beide kümmern sich und die Geschichte zeige, wie toll Väter sind!“.

Jetzt fand ich eigentlich, dass meine Interpretation seiner ja nicht unbedingt widersprach, aber ich war amüsiert genug und registrierte zudem ein flinkes, ebenfalls belustigtes Augenzwinkern meines Gegenübers.

Oder ich sage mal so: Natürlich kann es sein, dass Gott Jesus Vater war. Wir glauben das mal. Aber für alle Nicht-Christen sieht die Geschichte ja etwas anders aus. War es doch Josef? Oder war Josef eben der Mann an der Seite Marias, aber der Vater des Kindes doch ein anderer?

Ich bin ja Christin und Historikerin, das Neue Testament ist mir in seiner religiösen Interpretation geläufig als auch die geschichtliche Quellenlage durchaus bekannt.

Josef war alt, wahrscheinlich Witwer, es besteht die Möglichkeit, dass er bereits Kinder aus seiner ersten Ehe hatte und er hatte die Ehe mit Maria noch nicht vollzogen, die beiden galten als im heutigen Sinne Verlobte. Und: Maria war schwanger, aber nicht von ihm, gleichsam Jungfrau. Auch der Koran erwähnt Maria als jungfräuliche Mutter und äußerst tugendhafte Frau, eine der wenigen Frauen, die namentlich im Koran genannt werden. Doch schwanger und Jungfrau, wie soll das gehen? Oder war eine Samenspende im Spiel? War Maria, die sich ein lebenslanges Keuschheitsgebot auferlegt hatte, lesbisch und Josef ihr Alibi-Mann? Wir wissen es nicht, aber ausgeschlossen ist es nicht … 

Wir feiern heute also die Geburt des Kindes, dessen Elternschaft in vielerlei Hinsicht ein Mysterium bleibt. Sicher ist aber, VATER-MUTTER-VERHEIRATET, also, dass was der deutsche Staat heute als „Familie“ definiert, rechtlich und steuerlich in einer unglaublichen Doppelmoral unterstützt, während die anderen Familienmodelle diskriminiert werden, war es nicht … Die Evangelien, immerhin rund 2000 Jahre alt, waren also pluralistischer, demokratischer im Denken als das deutsche Familienrecht 2015.

Daher rufe ich gerade heute denen zu, vor allem die traditionellen oft auch kirchlichen Kreise, die die deutsche Kernfamilie MANN-FRAU-VERHEIRATET als die angebliche Ur-Form der Familie, die „Heilige Familie“ hochhalten: Schaltet den Kopf ein, denkt noch mal kurz ein kleines Stückchen weiter … lest die Heilige Schrift, so wie die Worte da stehen (meine Güte!!!) und versteht endlich, was Familie in Wirklichkeit alles sein kann …

Halleluja! Und Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!

https://www.youtube.com/watch?v=xY2PTD-FrtU
 

3 Antworten

  1. Wobei man dem, was da steht, ja auch nicht vertrauen soll wegen der fehlerhaften Übersetzung ? aber mit dem Grundgedanken hast du natürlich recht, Maria war offensichtlich keine Mutter in unserem traditionellen Sinne, und das als DIE Mutter in den Augen der CSU (-Wähler). Schon ironisch.

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