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Ich werde gern gefragt, ob ich mir ausgesucht habe, alleinerziehend zu sein. Das ist natürlich keine einfache Frage.
Zum einen wusste schon John Lennon: „Leben ist das, was passiert, wenn man gerade dabei ist, andere Pläne zu machen …“ Also, was sucht man sich schon aus im Leben?
Aber es scheint die Frage aller Frage, die alles bestimmende Sicht, der Wunsch nach Kategorisierung – wie früher auf dem Schulhof, als es hieß: „ICH habe aber Schluss gemacht …“. Das war ganz wichtig, das möglichst schnell klar zu stellen. Auch wenn man sich in der Nacht zuvor noch vor Liebeskummer die Augen ausgeheult hatte. Es klang einfach besser als: „Sie hat mich abserviert.“
Macht das Sinn? Nicht wirklich. Warum wir das machen? Weil uns, auch wenn sie schon in den Endzügen keucht, die kapitalistische Denkweise tief in den Knochen steckt und wir daher gern die Dinge in Angebot und Nachfrage aufteilen. Wenn wir uns nicht dem erstbesten Anbieter an den Hals werfen, dann scheint’s, sind wir begehrt. Wenn wir dagegen selbst nach Gebrauch auf den Markt geschmissen werden, können wir nicht viel zu bieten haben …
Macht das Sinn? Ich hoffe nicht. Das Leben ist keine Bilanz. Der Mensch keine Kapitalanlage. Eine Lebensphase kein Optionsschein. Ein Kind kein Besitz. Der Liebe Gott nicht der Hüter der Weltbank und der Heilige Geist nicht der DAX. Also weg aus dem Kopf mit dem Müll.
Wir machen, denken, verwerfen, verfehlen, denken um, lernen, bereuen und fangen von vorne an. Ich war verlobt und ich war sehr verliebt. Und dann passierten viele schlimme Dinge, wir hatten Pech. Und dann wurde ich schwanger. Und dann verlor ich das Kind. Und manchmal schweißen Probleme und Unglück zusammen. Uns haben sie umgehauen. Jeden für sich. Macht das Sinn?
Und dann ein paar Jahre später. Voll neuer Hoffnung und Tatendrang lernte ich den Vater meines Kindes kennen. Ans Heiraten dachte ich bei ihm nicht. Aber irgendwas war da … Alles ging so schnell. Ich wurde schwanger und bekam das Kind. Den tollsten Kerl der Welt. Aber was war bloß mit dem Vater? Macht das Sinn?
Und wenn ich mir heute meinen/unseren Sohn ansehe, wenn er schläft, wenn er beim Frühstück den Mund vollstopft, wenn er lacht, weil ich ein komisches Gesicht mache, wenn er sagt: „Mama, als ich Baby war, dass ist schon soooo lange her, echt lange …“. Er ist vier. Macht das dann alles Sinn? Ja, sehr. Aber anders als ich ursprünglich mal dachte.
Ob ich mir ausgesucht habe, alleinerziehend zu sein? Nein. Ob ich mir meinen Sohn ausgesucht habe? Nein. Ob ich mich mir selbst ausgesucht habe? Nein. Oder dreimal Ja. Fragt mich in 30, 40, 50 Jahren noch mal.
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